Nachdem wir uns im letzten Beitrag der rechtlichen Begleitung von Startups während Finanzierungsrunden gewidmet haben, wird nun ein Thema behandelt, welches fast jedes Startup betrifft: Die Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Der nachfolgende Beitrag soll einige grundlegende Aspekte beleuchten und aufzeigen, wann die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei der Gestaltung von AGB wichtig wird.
Allgemeine Geschäftsbedingungen haben es nicht einfach. Dies fängt schon bei der richtigen Schreibweise an. Ob AGB, AGBs oder vielleicht auch AGB’s richtig ist, ist sogar in juristenkreisen oft nicht bekannt. Logisch betrachtet müssten AGBs allerdings allgemeine Geschäftsbedingungens sein, da in „Geschäftsbedingungen“ bereits der Plural drin ist. Mit der ausgeschriebenen und der abgekürzten Form steckt also in AGBs ein doppelter Plural (falls es so etwas überhaupt gibt). Sicherlich könnte man der Sache noch näher auf den Grund gehen, jedoch wollen wir es an dieser Stelle einfach bei der Schreibweise ohne zusätzliches “s“ – also nur AGB – belassen.
Neben der irreführenden Schreibweise haben AGB aber auch mit weiteren Problemen zu kämpfen. In der Regel erhalten sie nicht die Wertschätzung, die ihnen zusteht. So entscheiden sich viele Geschäftsführungen bei der Gestaltung von AGB dafür, diese schlichtweg beim Mitbewerber zu kopieren. Doch was ist von dieser sicherlich zunächst naheliegenden Herangehensweise zu halten?
Probleme bei der Beurteilung
Ohne juristischen Beistand stellt sich zunächst die hohe Hürde, fremde AGB auf Rechtssicherheit zu prüfen. Mit welcher Sorgfalt der Mitbewerber seine AGB erstellt hat, wird in der Regel nicht bekannt sein. Für den juristischen Laien ist es so fast unmöglich zu erkennen, ob die AGB mit der aktuellen Rechtslage konform sind. Doch auch wenn man davon ausgehen kann, dass die AGB einer rechtlichen Prüfung standhalten würden (in etwa wenn der Mitbewerber als besonders professionell erachtet wird), stellt sich ein weiteres Problem, was nicht unterschätzt werden sollte. So wird man nur schwer beurteilen können, ob die fremden AGB das eigene Geschäftsmodel auch tatsächlich wiederspiegeln. In standardisierten Bereichen wie im E-Commerce mit demselben Warensortiment kann es noch gelingen. Sobald es aber um innovative oder außergewöhnliche Geschäftsideen geht, wird es schon schwierig überhaupt „ähnliche“ AGB zu finden.
Urheberrechtlicher Schutz
Ein weiteres (und regelmäßig verkanntes) Risiko ist darüber hinaus darin zu sehen, dass AGB als Schriftwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 UrhG zu qualifizieren sein können und damit dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes unterliegen (so entschieden vom Amtsgericht Köln, Az. 137 C 568/12, Urteil vom 08.08.2013). Zwar werden die AGB eine gewisse „Schöpfungshöhe“ im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erreichen müssen, um mehr als eine nicht geschützte Gebrauchsschrift (wie etwa eine Bedienungsanleitung) darzustellen, jedoch kann diese Grenze schon bei außergewöhnlichen Formulierungen oder einer besonderen optischen Gestaltung der AGB erreicht sein. Insoweit besteht das Risiko auch schon bei relativ einfachen Geschäftsmodellen, da auch diese besonders sorgfältige und außergewöhnliche AGB haben können.
Folgen einer Rechtsverletzung
Sowohl eine Urheberrechtsverletzung als auch eine Verwendung von unwirksamen AGB können unangenehme Folgen nach sich ziehen. In beiden Fällen droht die Gefahr abgemahnt zu werden. Verstoßen die AGB gegen Urheberrecht, drohen neben der Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung Schadensersatzzahlungen und Abmahnkosten des Rechtsanwalts, die zusammen schnell einige tausend Euro betragen können. Und auch wenn die AGB nicht gegen Urheberrechte, sondern „nur“ gegen rechtliche Anforderungen verstoßen, können Mitbewerber mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen gegen einen vorgehen (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2012, Az. I ZR 45/11). Die Risiken sind insgesamt daher grade mit steigender Bekanntheit (und der Aufmerksamkeit der Konkurrenten) sehr ernst zu nehmen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein „Kopieren“ von AGB in den seltensten Fällen eine gute Idee ist – gerade wenn die Bekanntheit des Startups steigt. Selbst in eher standardisierten Geschäftsfeldern können AGB unter Umständen urheberechtlich geschützte Werke darstellen. Insofern sollte auch der Download von Onlineshop AGB Mustern, die an vielen Stellen kostenlos angeboten werden, nicht unbedacht erfolgen. Eine kritische Prüfung dahingehend ob das Geschäftsmodell unter Beachtung der einzelnen Besonderheiten passt oder eventuell eine individuelle Anpassung erforderlich macht, ist stets zu empfehlen.
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Die Verfasser sind Rechtsanwälte bei KSB INTAX in Hannover und dort insbesondere für die Beratung von Startups zuständig.
T +49 (0) 511.854 04-655
jan.schaetzel@ksb-intax.de
Dimitri Immermann
Rechtsanwalt
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